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Im Vergleich zu Zeilenkameras bieten Flächenkameras der industriellen Bildverarbeitung ein breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten. Dennoch hält sich hartnäckig die Meinung, dass Flächenkameras grundsätzlich fehlerbehafteter seien. Wir zeigen, wieso das nicht immer die Realität widerspiegelt.

Eine rechteckige Aufnahmeoberfläche für Bildinformationen – bereits die erste Lochkamera arbeitete in diesem Sinne mit einer Flächenaufnahme. Entscheidendes Merkmal der Flächenkamera ist ihr zweidimensional angeordnetes Aufnahmemedium mit Pixeln in Zeilen und Spalten. Diese Matrix erlaubt ein ebenfalls zweidimensionales Bild mit nur einer Aufnahme.

 

Vom CCD-Sensor zu CMOS

Gebannt werden diese Szenen auf einen Sensor. Die Zeiten mit einem festen Seitenverhältnis von 4:3 sind vorbei – heutige Sensoren gibt es auch in anderen Formaten wie 16:9. Im Gegensatz zu Zeilenkameras bieten Flächenkameras noch eine zusätzliche Auswahloption für den Sensor: Möglich sind entweder ein CCD- oder ein CMOS-Sensor. Beide entstanden ursprünglich in den 60er Jahren.

CCD stellte lange den State-of-the-Art in der Bilderfassung dar. Dieser Sensortyp besteht aus einem Siliziumchip mit einem Array aus Photodioden. Damit sind CCD-Sensoren grundsätzlich als analog einzuordnen. Es ist jedoch problemlos möglich, dieses Ausgangssignal mit einem nachgelagerten Analog-Digital-Wandler (ADC) anzupassen.

CCD-Sensoren überzeugen durch hohe Lichtempfindlichkeit und Pixelgenauigkeit. Dafür ist das analoge Verfahren langsam und aufgrund seiner Aufnahme-Methode Blooming-gefährdet: In besonders hellen Bereichen lösen die einzelnen Photodioden sehr stark aus. Das wiederum überträgt sich auf benachbarte Dioden, sodass auch diese in der Aufnahme hell erscheinen – das Bild verschmiert in den hellen Bereichen.

Im Gegensatz dazu konnten sich CMOS-Sensoren erst in den 90er Jahren umfassend durchsetzen. Bei dieser Herangehensweise wird die jeweilige Ladung der lichtempfindlichen Pixel direkt in Spannung umgewandelt. Jedes einzelne dieser Signale wiederum liest der im Sensor integrierte ADC aus, sodass ohne Umwege ein digitales Bild entsteht.

Diese höhere Geschwindigkeit und geringere Baugröße erkauft sich der CMOS-Sensor allerdings durch Platzverlust auf dem Sensor, denn der ADC muss nun ebenfalls dort platziert werden. Das verringerte lange Zeit die gesamte Empfindlichkeit des Sensors. Moderne Verfahren können dies (nahezu) vollständig kompensieren. Aufgrund ihrer Bauweise sind CMOS-Sensoren nicht anfällig für Blooming – Kanten lassen sich z.B. präzise damit erkennen.

Gerade durch die Weiterentwicklungen der letzten Jahre, dem zunehmenden Zeitdruck und dem wachsenden Bedarf an digitalen Lösungen hat sich CMOS als Sensorlösung der Wahl für Flächenkameras durchgesetzt.

 

Wie lässt sich das in der Praxis einsetzen?

Flächenkameras halten die ihnen vorgesetzten Objekte und Szenen mit einer einzigen Aufnahme fest. Im Gegensatz zu Zeilenkameras benötigen sie dafür kein an der Kamera vorbeilaufendes Objekt oder Fließband. Dadurch und aufgrund der einfachen Implementierung und Kalibrierung entstehen mit Flächenkameras deutlich geringere Kosten für die Bildverarbeitung. Das flächige Aufnahmekonzept lässt sich zudem in mehr Szenarien einsetzen und verbauen als eine Zeilenkamera, die stets ein spezielles Setup benötigt.

Diese hingegen kommt besser mit bewegten Teilen zurecht als eine Flächenkamera: Während die Zeilenkamera einfach in entsprechender Geschwindigkeit Bilder des gerade sichtbaren Abschnitts anfertigt, gibt es für ihr Pendant nur zwei Optionen:

 

  1. Ein leichtes Smearing (Verschmieren) der Teile einzukalkulieren und zu akzeptieren. Selten ist die Aufnahme schnell genug, um die Bewegung in diesem Zeitraum bereits vollends zu eliminieren. Zwar sind diese Smearing-Effekte oft nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Doch Verwischungen von bis zu 2 Pixeln führen insbesondere bei Messungen zu ungenauen Ergebnissen.
  2. Die Lichtsituation für die Aufnahme zu verbessern. Mit zusätzlichen Beleuchtungspanelen sind kürzere Belichtungszeiten möglich – das Smearing nimmt ab.

 

Je nach Anwendungszweck empfiehlt sich, das Setup entsprechend anzupassen. Individuell ist auch die Auflösung. Abhängig vom eingesetzten Sensor ist diese im Spektrum gering- bis hochauflösend möglich. Im Vergleich zur Zeilenkamera trumpft die Flächenkamera mit höherer Anpassbarkeit und Individualität. Eine aufwendige und exakte Kalibrierung entfällt ebenfalls. Die Zeilenkamera muss hier zeitintensiv eingestellt werden, damit die Aufnahmen korrekt aneinander gefügt werden können. Ihre hohe Flexibilität macht Flächenkameras damit zum Bildverarbeitungs-Allrounder.

 

Unbegrenzte Möglichkeiten?

Seine Grenzen erreicht das Verfahren aber bei sich schnell bewegenden Objekten. Dann kommt es zu bereits erwähntem Smearing. Doch auch Übergröße stellt ein Problem für Flächenkameras dar: Entweder die Kamera nimmt nur Ausschnitte des Gegenstands auf oder der Abstand zum Objekt muss vergrößert werden. Das kann zu Lasten der Aufnahmequalität gehen. Eine Zeilenkamera wiederum spielt hier ihre Vorteile voll aus.

Sind Flächenkameras am Ende also keine industrietauglichen Allrounder? Sicherlich doch! Denn ihre Einsatzzwecke für die Bildverarbeitung sind vielseitig bei guter Qualität. Letztlich ergeht es den Flächenkameras jedoch wie allen Allroundern: Wer alles kann, kann nicht in jedem einzelnen Bereich exzellent sein. Für einzelne Spezialfälle können Zeilenkameras ein guter Ersatz sein.

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